Ein unverzichtbarer Zwischenstopp für Watvögel
Jedes Jahr verlassen Millionen von Vögeln ihre Nistplätze in Nordeuropa und ziehen ins Mittelmeer und nach Afrika. Unter ihnen müssen Watvögel – kleine Watvögel wie Bekassinen, Strandläufer, Flussuferläufer, Säbelschnäbler und Stelzenläufer – auf ihrem Weg flache Gebiete finden, die reich an Insekten und Regenwürmern sind, um Nahrung zu finden und sich auszuruhen.
Diese Zwischenstopps sind jedoch selten geworden. In der Schweiz sind die Feuchtgebiete seit den grossen Jura-Wasserkorrektionen und der Intensivierung der Landwirtschaft stark zurückgegangen. Die einst üppigen flachen Sumpfgebiete sind fast verschwunden. Ohne solche Räume fehlen den Vögeln geeignete Rastplätze für ihre lange interkontinentale Reise. Vor diesem Hintergrund hat uns der Verband Escales Limicoles – Agriculture kontaktiert und uns angeboten, eines unserer Felder zu fluten.
Ein von Ornithologen anerkannter Ort
Das Gebiet „Les Quatre-Vingts“ bot besondere Vorteile. Dieses Stück fruchtbarer Schwarzerde, das der Stadt Yverdon-les-Bains gehört und von uns bewirtschaftet wird, war bereits kurzzeitig natürlichen Überschwemmungen ausgesetzt. Ornithologen hatten dort vor allem im Frühling wandernde Watvögel beobachtet. Aufgrund dieser Beobachtungen erkannte der Verein dieses Feld als idealen Ort für die Vögel als Rastplatz.
So kam es 2017 zur ersten freiwilligen Flutung des Grundstücks. Seitdem wird diese Aktion jedes Jahr im Frühjahr oder Herbst auf einer Fläche von 5 Hektar, das entspricht 7 Fußballfeldern, wiederholt.
Beeindruckende Ergebnisse
Der Erfolg der Initiative hat die Erwartungen übertroffen. Die höchste Anzahl an Beobachtungen wurde im Herbst 2021 verzeichnet: Während der dreimonatigen kontrollierten Überflutung wurden auf dem Gelände mehr als 8.000 Vögel gezählt. Eine außergewöhnliche Zahl! Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis: Seit Beginn des Projekts wurden 29 verschiedene Watvogelarten beobachtet, darunter viele in der Region seltene Vögel.
„Jedes Hochwasser verwandelt das Feld in einen wahren Zufluchtsort für Watvögel, die dort Nahrung finden und sich ausruhen können, bevor sie ihre lange Reise fortsetzen“, betonen Pierre Iseli und Christian Roulier, Gründer der Vereinigung Escales Limicoles – Landwirtschaft. „Dieser Standort ist ein wichtiges Bindeglied im europäischen Netz der Zugvögel. Unser Ziel ist es, einen zweiten in der unteren Orbe-Ebene zu schaffen, damit die Vögel sowohl im Frühling als auch im Herbst einen Zwischenstopp einlegen können.“
Landwirtschaft und Biodiversität in Einklang bringen
Die Umsetzung dieser Maßnahme erfordert eine Anpassung unserer Anbauplanung, ist aber relativ einfach. Wir benötigen nur 24 Stunden, um das Feld zu fluten, und dank eines hocheffizienten Entwässerungssystems ist es bereits zwei bis drei Wochen nach dem Abzug der letzten Vögel wieder bebaubar.
„Wir sind uns der Bedeutung des Erhalts der Artenvielfalt bewusst. Die Bereitstellung dieses Landes ist eine unserer Möglichkeiten, dazu beizutragen“, erklärt Roland Stoll, Eigentümer und Geschäftsführer von Stoll Frères. „Die umfangreichen Entwässerungsarbeiten, die vor einigen Jahren auf diesem Grundstück durchgeführt wurden, ermöglichen es uns, Ernteausfälle bei starken Regenfällen zu vermeiden und eine kontrollierte Überflutung zu einem für Vögel und uns optimalen Zeitpunkt zu organisieren. Eine Win-Win-Situation.“
Ein Naturschauspiel zum Entdecken
Vogelbeobachter und Neugierige können diese Zugvögel von einem Zugangspunkt auf dem Thielle-Deich aus bewundern. Praktische Informationen und Regeln finden Sie auf der Website des Vereins: escales-limicoles-agriculture.ch/acces.